Das Scheit

July 15th, 1999

Bereits im Juni '98 besuchten Sascha und Völle von Das Scheit uns im Radio ARA Studio, um ihre erste CD vorzustellen. Ein gutes Jahr später ist mit '...And Ice Is Forming' die zweite CD erschienen und diesmal gab Sänger Clint ein Interview über Telefon.

Was bedeutet der Name 'Das Scheit'?
Eine berüchtigte Frage. Er kommt eigentlich vom Film 'Twin Peeks', wo eine Frau mit einem Scheit durch die Gegend marschiert und hat keine tiefere Bedeutung. Es gibt dazu nichts Grundlegendes, was man erzählen könnte.

Obwohl ihr englisch singt, habt ihr euch für einen deutschen Bandnamen entschieden.
Es war damals gar nicht so einfach, einen Bandnamen zu finden. Wir hatten diverse zur Auswahl und Das Scheit hat irgendwie das Rennen gemacht, ohne dass was Tieferes oder ein Geheimnis dahintersteckt. Der ausschlaggebende Punkt war wohl, dass zu erwarten war, dass jeder nach dem Bandnamen fragen würde. Daher macht der Name schon was her. Er weist sicher auf eine andere Art von Musik her als die, die dann kommt.

Seit wann existieren Das Scheit?
Seit fast drei Jahren, wir haben uns im Herbst '96 formiert. Eigentlich eher aus Spaß, da wir zu diesem Moment alle in anderen Bands gespielt hatten. Aus Spaß wurde mehr und das Resultat kennst du ja.

Kann man euren Stil beschreiben?
Ich persönlich mache es ungern. Wir soll man's genau beschreiben? Der Industrial Stempel, den wir bekommen haben, war prinzipiell bei der ersten CD fast ein Zufall. Die Industrialeinflüsse kamen erst im Studio zustande, weil sämtliche Songs ohne Samples geschrieben wurden. Bei der neuen Platte war's genau umgekehrt. Bei beinahe jedem Song hatten wir zuerst die Samples. Daher wehre ich mich gegen Umschreibungen.

Es fielen aber auch Vergleiche mit VoiVod, Marylin Manson, Nine Inch Nails und Ministry.
Da ist schon alles drin, was ich im Prinzip auch gerne höre. Nine Inch Nails und Marylin Manson sind die aktuellen Highlights, was Presse und Käuferschicht angeht. VoiVod haben wir in der Band alle gehört, auch wenn es schon eine längere Zeit her ist. Ich kann mit diesen Vergleichen sehr gut leben.

Konnte euer Debüt die darin gesetzten Erwartungen erfüllen?
Die Kritiken waren fast alle sehr positiv. Das hatte uns schon überrascht. Aber es ist nicht einfach, einen Vertrag oder Vertrieb zu bekommen. Das ist das Ziel jeder Band, denn was nutzt die beste CD, wenn sie käuflich nur schwer zu erwerben ist. Es gab schon ein paar Angebote, aber wir wollten die nicht unterzeichnen. Das war das einzig Enttäuschende. Ansonsten waren die Reaktionen der Hörer sehr zufriedenstellend.

Clint

Beim Interview letztes Jahr war Rede davon, dass ihr ein Videoclip zu 'Last Song' planen würdet.
Es war geplant, aber es ist an den Finanzen gescheitert. Es wäre zu teuer geworden und wir wollten nichts von zweiter Wahl auf den Markt bringen. Die Planung war sehr gut und es hätte professionell wirken müssen. Die Resultate, die zum Schluss dann beinahe entstanden sind, haben nicht das widerspiegelt, was wir bezwecken wollten. Da haben wir die Idee zu diesem Zeitpunkt erst mal verworfen.

Auf der Bühne stehst du mit deiner exzentrischen Show im Mittelpunkt. Bist du privat auch so?
Privat bin ich zurückhaltender. Ich werde mich hüten, mich in den Mittelpunkt zu drängen. Aber auf der Bühne erfüllt es seinen Zweck. Ich frage mich oft, was realer ist: Das, womit man auf die Bühne geht oder das, was in der Umkleidekabine bleibt.

Die anderen drei Musiker sind zurückhaltender. Also scheinen sie deine Rolle zu akzeptieren.
Würde ich sagen. Es wäre mir schon recht, wenn streckenweise von ihrer Seite etwas mehr käme, aber das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Man kann dies schlecht erzwingen.

Ihr habt dieses Jahr im März in Luxemburg gespielt. Wie wart ihr mit diesem Gig zufrieden?
Das ganze Umfeld war fantastisch. Es war natürlich schade, dass am Abend kaum noch Leute da waren. Ein Sonntag war für eine kleine Band auch vielleicht eine schlechte Wahl. Ansonsten fand ich das Konzert sehr spaßig.

Im Publikum hatten manche Leute dich mit Marylin Manson verglichen. Was hältst du davon?
Der Vergleich wird wohl immer fallen. Mir wird eine gewisse Ähnlichkeit mit diesem Mann nachgesagt. Ich persönlich störe mich nicht daran. Ich sehe es als Kompliment, weil ich Marylin Manson momentan für eine der kreativsten und innovativsten Bands an sich halte, weil sie musikalisch und optisch etwas zu bieten haben.

Das Scheit

Eure neue CD '...And Ice Is Forming' ist insgesamt ruhiger als das Debüt ausgefallen. Gibt es dafür eine Erklärung?
Nein, denn beim Songwriting gingen wir nicht davon aus, dass das Endprodukt ruhiger ausfallen müsse. Es war ein normaler Werdegang, der eigentlich so entstanden ist. Da waren keine großartigen Gedanken dahinter, dass es 'kommerzieller' werden soll, weil so was gar nicht funktionieren kann.

Wann wird die CD offiziell erhältlich sein?
Momentan ist die CD nur als Promo erhältlich, weil wir versuchen werden, einige Firmen, die auch damals schon Interesse zeigten anzuschreiben. Die CD soll nicht so schwer erhältlich sein wie das Debüt, das nur über uns bestellt werden konnte.

Denkst du, dass die Chancen diesmal größer sind als beim Erstling?
Das hofft wohl jede Band, aber das weiß ich nicht. Der Musikmarkt ist restlos überflutet. Es ist heutzutage nicht mehr einfach, an einen Deal zu gelangen. Man soll aber optimistisch bleiben, denn sonst hätte dies wohl alles keinen Sinn.

Worum geht es in euren Texten, die von dir geschrieben werden?
In erster Linie versuche ich, die Texte so offen wie möglich zu halten. Jeder Hörer soll seine eigenen Vorstellungen in den Text einbringen. Es ist langweilig, wenn ein Text sich direkt auf eine Aussage beschränkt und sämtliche Vorstellungskraft im voraus abgetötet wird. Wesentlich interessanter finde ich, wenn fünf, sechs Leute jeweils etwas Anderes aus einem Text ziehen. Insgesamt schreibe ich aber keine fröhlichen Texte. Nur zwei Texte auf dieser Platte halten an einer Thematik fest. 'Long Walk' und 'Lonely Walk' gehen über das Buch 'Der Todesmarsch' von Richard Bachmann alias Stephen King. Nur da habe ich mich thematisch festlegen wollen.

Ihr covert ein Lied von den Eurythmics. Hattet ihr im voraus schon etwas von ihrer Reunion gewusst?
Diese Nummer ist schon sehr lange in unserem Live Repertoire und war eigentlich zum Sterben verurteilt. Es hat uns gestört, weil durch die Eurythmics wieder ein Vergleich mit Marylin Manson gezogen werden konnte, weil die 'Sweet Dreams' coverten. Und wir wollten die Vergleiche nicht auf die Spitze treiben. Aber auf Grund der Nachfrage der Fans wurde die Nummer immer wieder live gespielt und zum Schluss entschieden wir uns dennoch, sie auf die CD zu nehmen.

Ihr covert 'Here Comes The Rain Again', aber warum habt ihr das Lied einfach 'Annie' genannt?
Annie Lennox ist eine Spitzenfrau. Wenn wir das Lied im Proberaum spielen, heißt es immer, dass die 'Annie' gespielt wird. Es war unser Arbeitstitel, der beibehalten wurde.

Was plant ihr außer der Labelsuche, noch für die zweite Jahreshälfte �99?
Am 31. Oktober fangen die Herbstkonzerte an. Fürs Planen von Konzerten ist unser Bassist Sascha zuständig. Ich kann leider keine Dates nennen. Weiterhin gibt es die Deal- bzw. Vertriebsuche sowie das Schreiben von neuen Songs.

Ich bedanke mich an dieser Stelle fürs Interview und wünsche alles Gute mit der CD.

Kontaktadresse:

DAS SCHEIT
c/o Sascha Becker � Sloboda
Berliner Straße 7
65385 Rüdesheim
Germany

sascha.beckersloboda@planet_interkom.de

Interview published on September 4th 1999

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